Falschparker- ein großes Problem in fast allen Städten und Gemeinden
Zugegeben: Es ist ärgerlich, wenn Müllfahrzeuge zeitweise eine enge Straße blockieren. Wenn Vorbeifahren nicht möglich ist, müssen die Autofahrer wohl oder übel abwarten, bis die Müllwerker nacheinander die Abfallbehälter geleert haben. Doch das dauert meist nur Minuten. Um einiges folgenreicher und zeitaufwändiger sind die Behinderungen, mit denen die Müllwerker kämpfen müssen. Falschparker erschweren in praktisch allen Städten und Gemeinden die Abfuhr. Im schlimmsten Fall können die Tonnen nicht geleert werden.

Fahrerisches Können: ist bei dieser extremen Engstelle gefragt: “Das ist einer meiner Lieblingsstellen im Ladegebiet, aber bei weiten nicht die schwierigste”, schreibt Achim Rogge, der uns freundlicherweise dieses Foto zur Verfügung stellte. Foto: Achim Rogge
Die Problemfälle- eine
tägliche Herausforderung
Diese Problemfälle sind für nahezu alle Müllwerker eine tägliche Herausforderung. Der Klassiker sind Fahrzeuge, die in zweiter Reihe parken. Kleine Fahrzeuge kommen dann gerade so eben noch durch, nicht aber die die üblicherweise 2,25 bis 2,55 Meter breiten Müllwagen. Ebenfalls eine ärgerliche Situation: Ordnungswidrig geparkte Autos behindern das Abbiegen an Kreuzungen und Einmündungen, versperren die Sicht und produzieren damit ein Sicherheitsrisiko für alle Verkehrsteilnehmer. Immer öfter kommt es auch vor, dass die Müllwerker nicht an Mülltonnen, Altglas- und Papiercontainer oder Sperrmüll herankommen, weil die Standplätze von Falschparkern blockiert werden. Ein Ärgernis ist es ebenso, wenn Autos so dicht aneinander parken, dass die Abfallbehälter nicht auf direktem Wege bis zum Sammelfahrzeug durchgeschoben werden können. Von zugeparkten Wendehämmern gar nicht zu reden. Die Müllfahrzeuge müssen dann rückwärts aus der Straße herausfahren, was Zeit kostet und laut Berufsgenossenschaft unfallträchtig ist.
„Die Fahrer der Abfallfahrzeuge werden durch falsch parkende Fahrzeuge immer wieder bei ihrer Arbeit behindert“, macht Stefan Altmeyer, Pressesprecher des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Region Hannover (aha) gegenüber EM. DAS ENTSORGUNGSMAGAZIN deutlich. Insbesondere in den Stadtteilen mit verdichteter Bebauung stellten zugeparkte Kurven oder Straßeneinmündungen sowie rücksichtslos in die Fahrbahn hineinragende geparkte Fahrzeuge ein Problem dar.
„Nur dank ihres fahrerischen Könnens gelingt es den aha-Kraftfahrern häufig, diese Engstellen zu passieren“, berichtet Pressesprecher Altmeyer. „Kommen die Müllwagen nicht durch, wird die entsprechende Straße zwei- oder dreimal erneut angefahren, notfalls versuchen die Kollegen, am folgenden Tag die Abholstelle zu erreichen. Ist das nicht möglich, müssen die Mitarbeiter auch mal weitere Wege mit den schweren Tonnen und Containern zurücklegen, was zu Verzögerungen im Arbeitsablauf führen kann.“
Ein weiteres Beispiel ist Menden im Sauerland. In der nordrhein-westfälischen Stadt gibt es -wie wohl überall- einige extrem enge Straßenzüge. Wer dort falsch parkt, versperrt den Weg zu den Mülltonnen. „Das Problem besteht seit langem und tritt immer wieder auf“, erklärt nach einem Bericht der „Westfalenpost“ ein Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofs. Die Fahrer müssten „dann in der Regel ihre Tour an anderer Stelle fortsetzen und am nächsten Tag die betroffenen Straßenzüge erneut anfahren.“ In einer der engen Gassen war es erst nach der vierten Anfahrt möglich, die Tonnen zu leeren. Mit anderen Worten: Vier Tage länger als vorgesehen stand der Müll herum.
„Falschparker erschweren unsere Arbeit ganz enorm“, klagt ein Müllwerker. „Und hinterher treffen wir auf empörte Bürger, die bei uns Dampf ablassen, obwohl wir absolut nichts dafürkönnen.“ Müllabfuhr, das sei ein „knallharter Job“, so formuliert es ein weiterer Müllwerker. Wenn man in eine Straße nicht hineinkomme, dann koste das extrem viel Zeit. Ein großes Problem angesichts der großen Routen. „Das ist einfach nur nervig, weil die Leute auch keinerlei Verständnis haben für die nicht gerade kleinen Fahrzeuge.“ Aber jeder wolle, dass sein Müll abgeholt wird, sagt der Mann.

Ein Falschparker, und sei er noch so klein, genügt- und die Abfallentsorgung kommt ins Stocken. Harald Heinritz / abfallbild.de
Falschparker sorgen auch in anderen Kommunen immer wieder für Ärger und Probleme. Die oft eng getakteten Tourenpläne der Müllabfuhr kommen dadurch ins Trudeln. Wertvolle Zeit vergeht und muss nachgearbeitet werden. Das geht nicht nur auf die Knochen und Nerven der Müllwerker, was schlimm genug ist. Sondern zwangsläufig auch auf die Entsorgungspreise.
Die Mehrkosten, die Falschparker verursachen, sind alles andere als „Peanuts“. Der höhere Zeit- und Personalaufwand mache etwa 30 zusätzliche Arbeitstage pro Jahr aus, errechneten die stadteigenen Abfallwirtschaftsbetriebe Stuttgart (AWS) bereits 2013. Die sich daraus ergebenen Zusatzausgaben werden auf ein bis anderthalb Millionen Euro im Jahr taxiert. Dieser Schätzwert ist auch heute noch aktuell, wie Tanja Kiper vom Sekretariat der Geschäftsführung auf Anfrage mittteilte: „Die allgemeine Situation durch Falschparker. welche die Müllabfuhr behindern, hat sich leider nicht verbessert.“
Nicht nur bei Hausmüll- und Sperrmüllabfuhren, sondern auch bei Altglas- und Papiercontainern sind bundesweit Blockaden durch Parksünder zu beobachten. Zum Schaden der Verbraucher, denn wenn die schweren Kranwagen nicht an die Sammelanlage herankommen, müssen die Müllwerker unverrichteter Dinge abrücken. Oder wiederkommen, einmal, zweimal oder sogar öfter- was zu deutlich höheren Kosten führt.
In Düsseldorf sollen jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden. Sämtliche 14 Sperrmüllfahrzeuge und 60 Müllwagen werden künftig dienstliche Smartphones an Bord haben. So können Fotos von blockierenden Autos geschossen werden- und direkt an das Ordnungsamt weitergeleitet werden. Anhand der digitalen Beweise werden dann Verwarnungen und Bußgelder erlassen. „Knöllchen“, wie es eine Boulevardzeitung berichtete, werden von den AWISTA-Mitarbeitern aber nicht verteilt. Sie liefern die fotografischen Beweismittel- ein wichtiger Schritt für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit. Die finale Bearbeitung liegt aber in der Hand des Ordnungsamtes der Stadt Essen.
Ein Verfahren, dass in ähnlicher Form bereits heute praktiziert wird. „Wir machen das bereits, wenn Depotcontainer im öffentlichen Straßenraum zugeparkt sind“, erläutert Ralf Böhme, Sprecher des örtlichen Entsorgungsunternehmens AWISTA. Es gelte dann die Meldekette „Fahrer –> Betriebsbüro —-> Ordnungsamt —> gegebenenfalls Anzeige“. Ein notwendiger Schritt, denn nach Angaben des Sprechers laufen monatlich allein rund 50 Meldungen von blockierten Wertstoffcontainern auf.
In Hannover hat man sich für einen anderen Weg entschieden. „aha führt zurzeit eine Bestandsaufnahme aller relevanten Straßen durch, in denen es regelmäßig zu Behinderungen bei der Müllabfuhr kommt. Nach Abschluss der Bestandsaufnahme wird überprüft, wo etwa durch zeitlich eingeschränkte Park- oder Halteverbote eine Verbesserung der Situation erreicht werden kann“, so Pressesprecher Altmeyer.
Außerdem hätten viele Gespräche mit Anwohnern bewirkt, dass sich die Parksituation in einigen Straßenzügen verbessert hat. „Auch die Berichterstattung in den Medien scheint viele Menschen für die Problematik zugeparkter Straßen sensibilisiert zu haben“, freut sich Altmeyer.
Doch ein solches Verständnis herrscht nicht überall. Andere Entsorger berichten, dass selbst absolute Parkverbote missachtet würden. Falschparken gilt allzu oft als Kavaliersdelikt. Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass nicht jeder ordnungswidrig handelt, weil er rücksichtslos ist. Sondern auch, weil er nach mehreren Runden der Suche immer noch keinen legalen Parkplatz gefunden hat. Aber in der Negativwirkung auf die Müllabfuhr macht das selbstverständlich keinen Unterschied.
In Ratingen, der 88.000-Einwohner-Stadt vor den Toren Düsseldorf, wird zweigleisig verfahren, um der Behinderungen durch Falschparker Herr zu werden. Schritt 1: Die Mitarbeiter der städtischen Müllabfuhr haben Hinweiszettel an Bord, die sie bei massiven Parkverstößen an das behindernde Fahrzeug stecken. Die Fahrer können dann nachlesen, was sie falsch gemacht haben- und es, vielleicht, beim nächsten Mal besser machen. Ein Appell an die Einsicht der Parksünder. Schritt 2 hat weitaus ernstere Konsequenzen. Politessen fahren in diesem Fall vor den Müllfahrzeugen her. Erkannte Parksünder werden dann nicht mit Hinweiszetteln bedacht, sondern mit gebührenpflichtigen Verwarnungen oder Anzeigen.
Bei massiven Behinderungen können auch Fahrzeuge abgeschleppt werden. Das sei aber bisher nur einmal vorgekommen, berichtet Barbara Arndt,

Falsch abgestellte Fahrzeuge machen die Straße zum Nadelöhr. Eine ungehinderte Durchfahrt ist nicht nur für die Müllabfuhr notwendig, sondern auch für die Fahrzeuge vom Winterdienst, der Feuerwehr und der Rettungsdienste. Foto: Stadt Heidelberg
die Leiterin des Ordnungsamtes der Stadt Ratingen. Erst werde versucht, die Fahrer durch Klingeln in der Nachbarschaft zu erreichen. Erst wenn dies nicht gelinge, werde zum härtesten Mittel gegriffen.
Schritt 2 mache aber nur dann Sinn, wenn er regelmäßig wiederholt wird, macht Ordnungsamtsleiterin Arndt deutlich. Nur dann, wenn die
Kontrollen durch die Politessen mehrere Male hintereinander durchgeführt werden, sei eine Langzeitwirkung zu erreichen. Doch dem steht ein
derzeitiges Problem des städtischen Ordnungsdienstes entgegen: es herrscht Personalmangel. „Wir hoffen, dass sich dies im nächsten Jahr besser wird“, so Barbara Arndt gegenüber EM.DAS ENTSORGUNGSMAGAZIN. Stellenanzeigen seien bereits aufgegeben.
Letzten Endes stellten Falschparker nicht nur einen Störfaktor für die ordnungsgemäße Abfallentsorgung dar, sondern die gefährdeten auch massiv Gesundheit und Leben der Anwohner. „Wir wollen den Bürgern klarmachen, dass es eine erhebliche Selbstgefährdung darstellt, wen nicht nur Müllfahrzeuge, sondern auch Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge nicht durchkommen“, betont die Ratinger Ordnungsamtsleiterin.
Das sieht auch Heidelbergs Bürgermeister Wolfgang Erichson so: „Falschparker sind nicht nur für die Müllabfuhr ein Dauerproblem, sondern auch für Rettungsfahrzeuge, die Feuerwehr oder unseren Winterdienst“. Jeder möchte schließlich, „dass ein Notarzt oder ein Löschfahrzeug schnell da ist, dass die Straßen geräumt sind und dass sein Müll pünktlich und zuverlässig abgeholt wird“, so der für Integration, Chancengleichheit und Bürgerdienste zuständige Politiker in einer städtischen Pressemitteilung. Bereits ein einziges falsch geparktes Fahrzeug könne zu fatalen Konsequenzen führen.
Dem wäre nichts hinzufügen.
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