Walsdorf: ReFood-Ansiedlungspläne stoßen auf heftigen Widerstand

Walsdorf: ReFood-Ansiedlungspläne stoßen auf heftigen Widerstand

Walsdorf: ReFood-Ansiedlungspläne stoßen auf heftigen Widerstand 150 150 Klaus Henning Glitza

Umweltinitiative warnt:  Die Gemeinde könnte zum „Recycling-Hotspot für ganz Nordbayern“ werden

 

Gegenwind für ReFood in Waldsdorf in Oberfranken. Nachdem Ansiedlungspläne des zum RETHMANN-Konzern  gehörenden Lebensmittelrecyclers bekannt geworden sind, regt sich in der bei Bamberg gelegenen Gemeinde Widerstand.

Die Mitstreiter der „Umweltinitiative Walsdorf-Hetzentännig- Hier leb´ ich noch gerne“  befürchten, dass  die kleine  Kommune (rund 2.700 Einwohner) zum Recycling-Hotspot für ganz Nordbayern“ wird. Mit Folgen,  die „sowohl für unser aller Gegenwart wie auch Zukunft sind zu gravierend“, sind, wie es in einem Infoschreiben der Initiative heißt.

Diese Flugblätter hat die Initiative in den vergangenen Tagen verteilt. Foto: FR

Im Amtsblatt 03/2021 hatte die Gemeinde Walsdorf die Einwohner über das ReFoord-Projekt in Hetzentännig, einem  Ortsteil mit nur sechs Einwohnern,  informiert. Danach ist dort eine Sammelstelle für Speisereste und Frittierfette aus dem nordbayerischen Raum. Attraktiv sei der geplante Standort vor allem wegen des bereits vorhandenen Verarbeitungsbetriebes tierischer Nebenprodukte (VTN, vulgo Abdeckerei). Zudem verspreche die zentrale Lage der Gemeinde in Nordbayern logistische Vorteile. Dabei liegt Walsdorf noch nicht einmal an der Autobahn und die Zufahrt muss durch mehrere Ortschaften ohne Umgehung erfolgen.

Insider sind sich sicher: Die dem Zweckverband Tierkörperbeseitigung Nordbayern gehörende VTN ist der springende Punkt. Eine gewisse Rolle spiele auch das Faktum, dass im unmittelbaren Umkreis nur sechs Einwohner leben. Da wird möglicherweise, schon rein zahlenmäßig,   mit weniger Protesten gerechnet als in dicht besiedelten Räumen. Auch sind  in Walsdorf die Gemeindevertreter nicht von vornherein  strikt gegen die Ansiedlung. Dagegen hat sich ReFood in anderen Kommunen schon etliche Absagen abgeholt.

Was die Initiatoren stutzig macht, ist, dass einige Kilometer entfernt, in Eltmann- Limbach, ReFood bereits einen Standort unterhält, für den sogar kürzlich eine Erweiterung in Form einer Biogasanlage genehmigt wurde.  Die Gemeindeväter von Eltmann seien aus allen Wolken gefallen, als sie vom möglichen Aus der Anlage erfuhren,   heißt es aus Kreisen der dortigen Gemeindeverwaltung. Von ReFood wurden sie davon bislang offenbar nicht informiert.

In Waldorfer Kreisen, darunter auch Teilen der örtlichen Politik, wird bezweifelt, ob tatsächlich die angeblich avisierte Gewerbesteuerzahlung von 150.000 bis 200.000 Euro realistisch ist. Infrage gestellt wird auch, ob mit dem ReFood-Umzug neue Arbeitsplätze in nennenswertem Maße geschaffen werden, da in erster Linie die in  Eltmann Beschäftigten übernommen werden müssten. Zudem wird die Gefahr gesehen, dass sich eine kleine Gemeinde mit einem ehrenamtlich tätigen Bürgermeister im Umgang mit einem milliardenschweren Konzern „verheben“ und „permanent den Kürzeren ziehen“ könnte.

Probleme haben die Walsdorfer  auch mit der Informationspolitik ihrer Kommune. In der genannten amtlichen Mitteilung  der Gemeinde ist von frühzeitiger Information  die Rede, doch wenige Zeilen später ist zu lesen, dass  „erste umfassende Vorgespräche“ zu der beabsichtigten Neuansiedlung bereits Ende vergangenen Jahres zwischen ReFood-Managern sowie Bürgermeistern und Gemeinderäten geführt wurden.  Und nicht nur das: die Bürgervertreter haben bereits die  ReFood-Anlage in Eltmann-Limbach besichtigt- die „Blaupause“ für eine größere Neuansiedlung in Walsdorf. Dem Amtsblatt lag im Übrigen eine reich bebilderte ReFood-Imagebroschüre bei- wie praktisch.

Erst kürzlich wurde eine Erweiterung genehmigt. jetzt soll er möglicherweise aufgegeben werden: der ReFood-Standort in Eltmann-Limbach. Foto: Birgit Wolfrum-Reichel

Image- das ist auch bei den Bürgern das Stichwort. Denn die ländlich geprägte Gemeinde kennzeichnet eine geradezu idyllische Lage. Schon die klotzartige Tierkörperbeseitigungsanlage bildet einen Fremdkörper in diesem schönen Landschaftsbild. Die Bürger- und Umweltinitiative  um  Birgit Wolfrum-Reichel und Katja Besold   (Einwohnerin von Hetztentännig) treibt   die Sorge um, „dass sich Walsdorf langfristig zu einer Abfall-Gemeinde entwickelt“. Sie verweist auf das mögliche Negativ-Image „durch die Ansiedlung der Firma ReFood, die sich mit der Verwertung und Aufbereitung von Lebensmitteln und Frittierfetten befasst und direkt neben der Tierkörperbeseitigungsanlage niederlassen möchte“.  Es gehe „nicht um Stimmungsmache, sondern um Aufklärung und Transparenz zu diesem Vorhaben“  Mit einer grundlegenden Debatte solle erreicht werden, dass alle Fakten ausreichend beachtet werden, um den Erhalt der Wohn- und Naherholungsqualität in Walsdorf zu sichern.

Eine gewisse Skepsis herrscht auch gegenüber dem Lebensmittelrecycler und seiner Konzernmutter: „Die strategische Ausrichtung des Abfall-Giganten Rethmann , zu dem unter anderem der Entsorgungsbetrieb Remondis, die Tochterfirma Saria Bio-Industries AG & Co.KG sowie deren Tochterfirma ReFood GmbH & Co.KG ist auf Wachstum angelegt“, heißt es in einem Informationsschreiben der Bürger- und Umweltinitiative . Dies habe sich auch an fünf anderen Standorten von Tierkörperverwertungsanlagen gezeigt. „Der Multikonzern ist dort mittlerweile zu 49 Prozent an den kommunalen Tierkörperbeseitigungsanlagenbeteiligt und die Errichtung von Biogasanlagen runden mittlerweile das Recycling-Bild ab. Daher befürchten die Initiatoren der BU, dass sich Walsdorf langfristig zu einer Abfall-Gemeinde entwickelt“, ist dem Infoschreiben zu entnehmen.

An Lkw kein Mangel: Blick in die ReFood-Anlage in Eltmann-Limbach. Foto: Birgit Wolfrum-Reichel

Die Gemeinde Walsdorf, der die Bedeutung der Neuansiedlung durchaus bewusst ist.  hat zu Dienstag, 30. März, zu einer um 19 Uhr beginnenden Online-Bürgerversammlung eingeladen. Schon  zwei Tage vorher, an diesem Sonntag, wollen sich die engagierten Bürger der Gemeinde zu einer Kundgebung unter freiem Himmel versammeln. Die Veranstaltung beginnt um 14 Uhr und findet direkt auf dem möglichen Baugrundstück, einer Wiese in Hetzentännig statt.

Bei der Kundgebung gibt es übrigens eine Premiere: erstmals wird der frisch komponierte Protestsong  „Walsdorf, hier leb´ich noch gern“ zu hören sein.

khg

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