Eines ist sicher, ohne seinen „Stadtkonzern“, zu dem nicht zuletzt die FES gehört, könnte der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann getrost das Rathaus zusperren. Denn etwa 100 Millionen Defizit macht die Stadtverwaltung der Metropole am Main. Eine normale Erscheinung bei Verwaltungen, die in den seltensten Fällen kostendeckend arbeiten können.
Da kommen die Überschüsse aus dem „Stadtkonzern“ höchst gelegen. Laut Frankfurter Rundschau lag dieser Geldsegen 2019 bei 235 Millionen Euro. Ein Wert, der im laufenden Jahr mit Sicherheit nicht mehr erreicht werden kann. Gleich mehrere Beteiligungsunternehmen der Stadt Frankfurt am Main beziehungsweise ihrer Stadtwerke , so die Messe Frankfurt, der Verkehrsbetrieb VGF und der Flughafenbetreiber Fraport, haben extrem unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise zu leiden. 2020 droht deshalb ein kräftiges Minus.
Ein Fels in der Brandung ist in dieser Situation die FES samt ihren Tochtergesellschaften. Müll, Abfälle fallen auch in Corona-Zeiten an. Auch wenn das öffentliche Leben eingeschränkt wird oder gar zum Erliegen kommt, wächst die Bedeutung der Abfallentsorgung. „Müll ist immer“, so sagt es ein Mitarbeiter. Und das bedeutet für die Stadt Frankfurt: es wird auch weiterhin zuverlässige Überschüsse geben. Und das in einem wirtschaftlichen Umfeld, das von extremen Rückgängen geprägt ist.
All dies ist der Stadt Frankfurt am Main von Herten zu gönnen. Satte Überschüsse und satte Löhne- das widerspricht sich allerdings. In diesem Punkt treffen sich Interessenlagen der Stadt Frankfurt und des REMONDIS-Konzerns, der 49 Prozent der Gesellschaftsanteile der FES hält, aufs Vortrefflichste.
Die Art des aus einem Kutschenunternehmen hervorgegangenen Konzern war es noch nie, auf lahmende Pferde zu setzen. Im Entsorgungssektor richtiger Gewinne zu erzielen sparen, das geht nur, wenn man beim Personal an der Stellschraube dreht. Mehr Arbeit bei gleichem Lohn. Das scheint nach Aussagen der interviewten FES-Mitarbeiter die derzeitige Maxime zu sein. Guckt die Stadt Frankfurt, der die immense Arbeitsverdichtung nicht entgangen sein dürfte, zu, weil sie das Geld braucht? Drückt sie bei der Vergabe an die tariflose FFR die Augen zu, weil sonst die Überschüsse mickriger ausfallen Aber am Ende dafür auf den Sozialkosten sitzen bleibt, siehe Interview.
Insider sprechen davon, dass eine europaweite Submission, mit der der private Anteil der FES ausgeschrieben wurde, auf REMONDIS zugeschnitten war. Oberbürgermeister Peter Feldmann, Bürgermeister Uwe Becker und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig machen kein Hehl daraus, dass sie den Zuschlag an REMONDIS und die daraus resultierende „zwanzigjährige Partnerschaft an der FES (…) für die Stadt Frankfurt, für die Bürgerinnen und Bürger sowie das Unternehmen FES“ als „echten Gewinn“ betrachten. Alles, was in Deutschland Rang und Namen im Entsorgungswesen hat, hatte sich an der Ausschreibung beteiligt. Zum Teil, wie es heißt, mit überaus günstigen Angeboten und attraktiven Leistungsversprechen. Doch REMONDIS machte souverän das Rennen, wie schon so oft in Deutschland.
Zweifel waren den Oberen offenbar in allen Phasen des Ausschreibungsprozesses fremd. Während die Beschäftigten die Angst um ihren Arbeitsplatz plagte, soll im FES-Topmanagement und in der Chefetage des Rethmann-Konzerns auffällige Unaufgeregtheit geherrscht haben. Wusste man mehr, wie Branchenkenner vermuten?
Für REMONDIS ging es bei dieser Ausschreibung um viel. „In der Summe handelt es sich um ein Vertragswerk mit einem finanziellen Volumen von rund 2,4 Milliarden Euro – über 20 Jahre gerechnet“, ist einer Mitteilung der Stadt Frankfurt zu entnehmen. Einen solchen Mega- Deal dem Zufall überlassen? Undenkbar für einen Konzern, der auf sich hält.
Klar ist: Jeder soll das bekommen, was er verdient. Das gilt allerdings nicht nur für Konzerne, sondern auch für die Beschäftigten. Satte Gewinne, Stichwort soziale Marktwirtschaft, sollten nicht auf ihre Kosten erwirtschaftet werden. „Einer für alles. Alle für unsere Stadt“, in diesem hübschen FES-Motto sollten sich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des FES wiederfinden können. Soviel Sozialbindung des Eigentums muss schon sein.
K H Glitza
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