Umweltstraftaten im Visier

Umweltstraftaten im Visier

Umweltstraftaten im Visier 150 150 Klaus Henning Glitza

Brandenburg: Ab 15. Juli soll eine neue Ermittlungsgruppe in Potsdam ihre Arbeit aufnehmen

 

Kaum etwas hat ähnlich sozialschädliche und gesundheitsgefährdende Folgen wie Straftaten gegen die Umwelt. Dennoch sind selbst gravierende Fälle bei den Strafverfolgungsbehörden oftmals nur ein Fall unter vielen. Staatsanwälte, die sich auf einen Ermittlungsvorgang konzentrieren können, das gibt es nur in realitätsfernen Krimis. Dieser unbefriedigende Zustand soll sich jedenfalls in Brandenburg  ändern.

Susanne Hoffmann, Justizministerin des nordöstlichen Bundeslandes, hat die Errichtung einer „Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der schweren Wirtschafts- und Umweltkriminalität“ angekündigt. Eine neue Ermittlungsgruppe, die bereits am 15. Juli ihre Arbeit aufnehmen soll.  Damit wird die „Mark“, wie Brandenburg kurz genannt wird, eine bundesweite Vorreiterrolle einnehmen. Denn trotz zunehmender Umweltdelikte gibt es bislang in Deutschland eine ähnliche Einrichtung nirgendwo. Dabei gäbe es allerorten Grund genug, konzentriert und mit Expertenwissen gegen das wachsende Problem gravierender Umweltstraftaten vorzugehen.

Beispiel Brandenburg- der bundesweite Spitzenreiter der „schwarzen Müllkippen“. Neben „kleineren“ Vorfällen häufen sich die großangelegten illegalen Abfallentsorgungen. In der Mark landen beispielsweise ganze Lkw-Ladungen vor allem gefährlicher Abfälle wie asbestbehafteter Bauschutt und teerbelastete Dachpappe in der Natur, wie der MDR berichtet. Die Mengen haben unfassbare Ausmaße angenommen. Allein im Landkreis Barnim wurden im vergangenen Jahr 619 Tonnen Abfälle illegal entsorgt. In der Berlin-nahen Flächengemeinde Schönefeld wird Tag für Tag tonnenweise Sondermüll abgeladen. Auch Brandenburgs Forstbehörden sind mit massiver Umweltverschmutzung konfrontiert: 2019 wurden 6.487 Kubikmeter illegal entsorgten Mülls in den Wäldern aufgesammelt.

Nach der Devise „Unser Müll- Euer Problem“ kommt neben den der Schädigung der natürlichen Lebensgrundlagen und den massiven Gefahren für Mensch, Tier und die Natur überhaupt der finanzielle Aspekt dazu. Die lokalen Entsorgungsunternehmen müssen oft die „wilden Abfälle“ entsorgen. Kann kein Verursacher ermittelt werden (was häufig der Fall ist) wird der Steuer- und Gebührenzahler zur Kasse gebeten. Sozialschädlicher geht es kaum.

Die neue Stelle ist de facto eine zumindest inhaltliche Erweiterung der schon bestehenden Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der schweren
Wirtschaftskriminalität in Potsdam. Letztere hat nach Angaben des Landesjustizministeriums bereits „langjährige Erfahrung mit komplexen Ermittlungen gesammelt, die oftmals die Auswertung erheblicher Mengen an Firmenunterlagen und die Zusammenarbeit mit internationalen Stellen einschließen“. Diese Erfahrungen könnten nun nutzbar gemacht werden, um Umweltkriminalität in Brandenburg noch wirksamer zu bekämpfen.

Die neue Spezialstaatsanwaltschaft wird landesweit zuständig sein für besonders komplexe und umfangreiche Verfahren der Umweltkriminalität. Das können laut Landesjustizministerium schwerwiegende Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz oder das Tierschutzgesetz ebenso wie Verfahren wegen großangelegter illegaler Abfallentsorgung sein.

Laut Justizministerin Hoffmann unterstreicht die Errichtung einer landesweit zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Umweltkriminalität „die besondere Bedeutung, die der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch mit den Mitteln des Strafrechts für die Landesregierung hat.“

Allerdings besteht die neue Einrichtung vorerst nur aus einem neuen Etikett. Denn zusätzlich eingestellt wird niemand für die neu geschaffene Schwerpunktstaatsanwaltschaft, wie die Landesjustizministerin gestern in der RBB-Sendung „Brandenburg aktuell“ erklärte. Schwere Umweltstraftaten werden vom Personal der schon bestehenden Wirtschafts-Schwerpunktstaatsanwaltschaft (zwei Oberstaatsanwälte, zwölf Staatsanwälte) mit erledigt.

Es solle zunächst die Entwicklung des Fallaufkommens beobachtet werden, begründet die Ministerin die personalneutrale Maßnahme. Werde ein entsprechender Bedarf festgestellt, solle personell nachgesteuert werden, sagte Susanne Hoffmann (CDU) in „Brandenburg aktuell“. Das sei auch für den Steuerzahler eine günstige Lösung, heißt es aus dem Landesjustizministerium.

khg

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