Bürgerentscheid: Das Bündnis „Unsere SWN-Unsere Wärme“ hat Mindestanzahl von 4.000 Unterschriften fast erreicht
Massiver Gegenwind für REMONDIS in Neumünster (Schleswig-Holstein). Das Bündnis „Unsere SWN-Unsere Wärme“ will die Teilprivatisierung der aktuell 100-prozentig kommunalen Wärmesparte der Stadtwerke Neumünster (SWN) verhindern. Die schärfste Waffe: ein Bürgerbegehren, das sich jetzt laut Initiative „auf der Zielgeraden“ und im Endspurt“ befindet.
Die Chancen stehen gut. dass die Neumünsteranerinnen und Neumünsteraner über die Zukunft ihrer Wärmesparte mitbestimmen können. 4.000 rechtsgültige Unterschriften Bürgern werden benötigt, um einen Bürgerentscheid in die Wege zu leiten. 3.600 Unterschriften sind nach neusten Zählungen bereits zusammengekommen . Es fehlten also nach zwei Monaten Sammelzeit nur noch rund 700 Unterschriften bis zum Ziel- „zehn Prozent Sicherheitspolster eingerechnet“. heißt es auf der Webseite des Bündnisses. Sprecher Martin Reinhardt und die Mitinitiatoren Claudia Diekneite und Jochen Rathjen sind guten Mutes, dass sie die restlichen Unterschriften noch bis zum Monatsende an Land ziehen können.
Bürgerentscheid in 2022?

Er ist strikt gegen die Teilprivatisierung der Wärmeparte der SWN, die aus seiner Sicht zu den wichtigsten Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge gehört: Bündnis-Sprecher Marin Reinhardt. Fpto: pr.:
Ein Bürgerentscheid, der einem Bürgerbegehren folgt. ist das, was auf Bundesebene der Volksentscheid ist. Bürgerentscheide sind als Instrumente der direkten Demokratie Beschlüssen der gewählten kommunalen Vertretung gleichgestellt. können aber laut Wikipedia einem späteren Zeitpunkt von Stadträten et cetera abgeändert oder aufgehoben werden. In Schleswig-Holstein läge die Bindungsfrist bei zwei Jahren. Auf jeden Fall aber entfalten Bürgerentscheide eine aufschiebende Wirkung, wie der Holsteinische Courier schreibt. Das heißt, solange die Bürger nicht abgestimmt haben, müssen die Teilprivatisierungspläne auf Eis gelegt werden., Das kann theoretisch bis zum nächsten Jahr der Fall sein. Am 8. Mai 2022 ist Landtagswahl- und der Bürgerentscheid könnte -ebenso theoretisch- mit diesem Urnengang verknüpft werden.
Genehmigt die Kommunalaufsicht den Bürgerbescheid nach eingehender Prüfung (stimmt der Wohnort in Neumünster, liegt Volljährigkeit vor?) können die Neumünsteranerinnen und Neumünsteraner nach einem Ja/Nein-Schema darüber abstimmen, ob sie die Teilprivatisierung der Wärmesparte wollen.
Stadt kommt Gegnern entgegen
Offenbar kommt die Stadt Neumünster den Privatisierungsgegnern entgegen. Wie „Unsere SWN-Unsere Wärme“ auf der Webseite mitteilt, hat das Bündnis zunächst aus Kreisen der SPD und dann auch schriftlich aus der Stadtverwaltung erfahren, „dass der Termin zur Beschlussfassung im Rat vom September auf den 9. November erneut verschoben werden soll: Die Mitinitiatorin Claudia Diekneite: „Wir halten das -mit ein wenig Stolz- für einen ersten Erfolg unserer Kampagne und freuen uns darüber, dass es Signale aus Verwaltung und Selbstverwaltung gibt, dem Bündnis ausreichend Zeit zum erfolgreichen Abschluss einzuräumen.“
Zwei Positionen prallen aufeinander
Teilprivatisierung- in dieser Frage prallen zwei Position unversöhnlich aufeinander. In einem Offenen Brief hebt der Betriebsrat der MBA Neumünster GmbH hervor, dass die Beteiligung von REMONDIS für das Unternehmen überlebenswichtig sei und es laut Holsteinischem Courier keine andere Chance gebe, die Arbeitsplätze zu erhalten. Das sieht Bündnis- Sprecher Martin Reinhardt naturgemäß anders „„Die Mitarbeiter wurden verunsichert“, erklärte er gegenüber dem Holsteinischen Courier. Auf der Webseite des Bündnisses macht er deutlich: „Ich bin drei Mal pro Woche in Kontakt mit Menschen aller Altersgruppen. Ich habe zwei Töchter und zahlreiche Freunde von mir haben bereits Enkelkinder. Die Stadt Neumünster so mitzugestalten, dass wir gemeinsam das 1,5 Grad-Ziel erreichen, ist mir ein persönliches Bedürfnis. Ein erster Schritt dahin ist, dass die Stadt Neumünster die 100-prozentige Kontrolle über die Gestaltung der Wärmeerzeugung hin zur Klimaneutralität behält. Wärmeerzeugung macht ein Drittel der CO2-Emissionen aus und Müll zu verbrennen bedeutet CO2-Ausstoß.“
SWN und MBA sind derweil nicht untätig geblieben. Wie der Holsteinische Courier berichtet, haben neide Unternehmen eine Offensive in den Stadtteilbeiräten gestartet, Die Argumentation: „Wir sind uns mit der Bürgerinitiative darin einig, dass wir Neumünster voranbringen wollen. Doch anders als die Initiative sehen wir, dass das nur mit einem Partner geht und die Kommune die künftige Entwicklung nicht aus sich heraus stemmen kann – vor allem in Anbetracht der knappen Haushaltslage“, zitiert die Tageszeitung MBA-Chef Dr. Norbert Bruhn-Lobin.
Geschickte Argumentation
In dieser Art wird nach EM-Informationen auch gegenüber den MBA-Beschäftigten argumentiert. Es werden drohende Arbeitsverluste oder ein Komplettverkauf an die Wand gemalt. Mit der Beteiligung von REMONDIS mit den üblichen 49 Prozent bliebe die MBA Neumünster GmbH dagegen mehrheitlich in den Händen der Stadtwerke und damit der öffentlichen Hand, Im Grunde ändere sich also nichts. Außer dass man einen starken Partner an der Seite habe, der die Zukunft des Unternehmens sichere. Klingt gut- und es ist den Arbeitnehmern nicht zu verdenken, dass sie dieser geschickt begründeten Version folgen.
Die derzeitige Lage
Wie ist die derzeitige Lage in Neumünster? Die Wärmesparte ist noch 100-prozentig kommunal. 20,000 Bürger, als rund ein Viertel, werden durch sie mit Fernwärme versorgt. Die aktuellen Pläne, wie mehrfach berichtet: Die Wärmesparte soll in die MBA Neumünster ausgegliedert werden. Dabei handelt es sich um ein PPP-Konstrukt, an dem REMONDIS 26.3 Prozent der Anteile hält. Mit der Übernahme der Wärmesparte soll aber die privatwirtschaftliche Beteiligung auf 49 Prozent erhöht werden. Die MBA Neumünster behandelt jährlich rund 250.000 Tonnen Rest- und Sperrmüll sowie hausmüllähnlichen Gewerbeabfall überwiegend aus Schleswig-Holstein. Dabei arbeitet sie eng zusammen mit dem Heizkraftwerk der SWN Stadtwerke Neumünster GmbH zusammen. Damit bildet die MBA Neumünster die hocheffiziente Verzahnung von mechanisch-biologischer Abfallbehandlung (MBA) und thermischer Ersatzbrennstoffverwertung (TEV) ab. Die Anlage gehört nach Eigenangaben zu den größten mechanisch-biologischen Abfallverwertungsanlagen in Deutschland. Ein regelmäßiges Ziel von Besuchergruppen aus nah und fern.
“Ohne Bürgerbeteiligung”
Über den Teilverkauf wurde bereits seit längeren „unter Ausschluss der Öffentlichkeit und komplett ohne Bürgerbeteiligung“ debattiert, so Jochen Rathjen vom Bündnis. Die Stadtwerke Neumünster (SWN), die noch vor kurzem als Paradebeispiel für Missmanagement und Maximaldefizite diente, schreibt unter ihrem neuen Chef wieder schwarze Zahlen. Einen aktuellen wirtschaftlichen Grund für die Teilprivatisierung gibt es deshalb nicht.
An SWN und MBA wurden seitens EM Anfragen gerichtet. Von dem darin unterbreiteten Angebot, die eigenen Positionen darzustellen, wurde aber kein Gebrauch gemacht.
khg auf Grundlage eines Beitrages von Gunda Mayer im Holsteinischen Courier, der Webseite der SWN und eigenen Recherchen
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