Umweltministerium: Verbesserte Abfallvermeidung und verstärktes Recycling / BDE und DUH kritisch
Die Abfallvermeidung verbessern und das Recycling verstärken. Das ist laut Bundesregierung das Ziel des Gesetzesentwurf zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), den das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Während das Bundesumweltministerium den Entwurf als wegweisend bezeichnet, üben der BDE und die Deutsche Umwelthilfe Kritik.
Nach Angaben der Bundesumweltministerin, auf deren Vorschlag der Entwurf zurückgeht, werde mit drei zentralen Maßnahmen der Bund, aber auch Hersteller und Händler stärker als bisher in die Verantwortung genommen.
Vorrang für Rezyklate
Das bezieht sich zum ersten auf recycelte Produkte, für die es noch keinen ausreichend großen Markt gibt. Um die Nachfrage zu erhöhen, sollen laut Gesetzentwurf Rezyklate Vorrang in der öffentlichen Beschaffung bekommen. Künftig sollen die 6.000 Beschaffungsstellen in Bundesbehörden sowie bundeseigenen und vom Bund beherrschten Unternehmen Produkte aus Recycling gegenüber Neuanfertigungen bevorzugen. Eingekauft werden sollen – sofern keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen –Produkte, die rohstoffschonend, abfallarm, reparierbar, schadstoffarm und recyclingfähig sind.
Reinigungskosten nicht nur für Bürger
Außerdem: Wer Einwegprodukte, wie To-Go-Becher oder Zigarettenkippen in Verkehr bringt, muss sich künftig an den Reinigungskosten von Parks und Straßen beteiligen.“ Damit soll die bisherige Praxis, dass für die Reinigung bislang allein die Bürgerinnen und Bürger über kommunale Gebühren zur Kasse gebeten werden, beendet werden. „Das Ziel ist klar: Wir wollen eine saubere Umwelt, in der weder Müll und noch giftige Kippen rumliegen“, so die Bundesumweltministerin.
Gegen Wegwerfen von Waren
Dritter Punkt ist die neue „Obhutspflicht“. Mit ihr hat der Staat in Zukunft erstmals rechtliche Handhabe gegen die Vernichtung von Neuware, Retouren und Warenüberhängen. Bekanntermaßen werden von Versandhändlern regelmäßig zurückgeschickte Artikel oder Ladenhüter in vielen Fällen weggeworfen. Grund: Betriebswirtschaftliche Berechnungen haben ergeben haben, dass die Entsorgung „billiger“ ist als eine Neukonfektionierung der Waren und/oder Lagerhaltungskosten und ethische Motive nicht relevant sind.
Transparenzverordnung
Um das bisher sehr intransparente Vorgehen mancher Händler systematisch auszuleuchten, erarbeitet das Bundesumweltministerium nach Eigenangaben derzeit eine Transparenzverordnung. Die dafür nötige gesetzliche Grundlage enthält das novellierte Kreislaufwirtschaftsgesetz. Hersteller und Händler müssen dann deutlich nachvollzierbar dokumentieren, wie sie mit nicht verkauften Waren umgehen. Eine Möglichkeit ist, diese Produkte günstiger zu verkaufen oder zu spenden.
Nach der heutigen Kabinettentscheidung wird das parlamentarische Verfahren eingeleitet. Anschließend müssen Verordnungen erlassen werden, so dass noch einige Zeit ins Land gehen wird, ehe das Gesetz Wirkung entfalten kann.
“Es bleibt bei Ankündigungen”
Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. hat seine Kritik an der Vorlage bekräftigt. „Der wenig ambitionierte Entwurf des Bundesumweltministeriums ist in den Beratungen mit den anderen Ressorts nochmals verwässert worden. Von einer Rohstoffwende ist nichts zu spüren. Es bleibt bei Ankündigungen.“, kommentiert BDE-Präsident Peter Kurth
Zwar begrüßt der BDE, dass die Regelung zur so genannten nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (Paragraph 45 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, auch mit dem Regierungsentwurf geschärft werde. Doch zum ersten wenig mutigen Entwurf seien noch weitere Weich-Macher – wie der Ausschluss von Rechtsansprüchen Dritter – hinzugekommen. Nötig wären aber aus BDE-Sicht Stark-Macher.
“Die PS auf die Straße bringen”
Tatsächlich scheitere es an der täglichen Beschaffungspraxis, dass die bestehenden Möglichkeiten für einen verstärkten Einsatz von Rezyklaten in Produkten oder von Ersatzbaustoffen bei Bauprojekten in der Praxis genutzt werden. „Diese PS müssen endlich auf die Straße“, so Kurth.
Der BDE-Präsident bekräftigte weiter die Forderung nach einer ‚Umkehr der Beweislast‘: Derjenige, der nicht nachhaltig beschaffen will, sollte sich erklären müssen. Anders ausgedrückt: Derjenige Beschaffer, der ausschließlich aus Primärrohstoffen hergestellte Güter einkaufen will, oder solche aus Rezyklaten hergestellte ausschließen möchte, sollte dies nachvollziehbar besonders begründen und im Vergabeverfahren auch dokumentieren.
Kurth; “Ein großer Fehler”
Als „großen Fehler“ bezeichnete es Kurth, auf die Verankerung der vom Bundesumweltministerium initiierten Rezyklat-Initiative im Kreislaufwirtschaftsgesetz zu verzichten. So ist die im Referentenentwurf noch enthaltene Verordnungsermächtigung, nach der bestimmte Erzeugnisse nur in bestimmter, das Recycling fördernder Weise, insbesondere unter dem Einsatz von Recyclingrohstoffen, insbesondere Rezyklaten, in Verkehr gebracht werden dürfen, gestrichen worden. Kurth: „Die Bundesregierung lässt hier eine wichtige Chance ungenutzt. Das Instrument ‚Minimal Content‘, also ein verpflichtender Rezyklatanteil in bestimmten Produkten, ist essenziell zur Förderung der Rohstoffwende. Freiwillige Verpflichtungen der produzierenden Industrie sind keine Basis, um darauf millionenschwere Investitionen in neue Recyclinganlagen zu gründen. “
Positiv wertet der BDE das Nachschärfen der Novelle beim Recyclinglabel (Kennzeichnung für Verbraucher mit Aussagen über die Recyclingfähigkeit von Produkten einerseits wie auch den tatsächlichen Rezyklateinsatz in Produkten andererseits). Letztlich bräuchten aber auch Beschaffer, die ökologisch handeln wollen, einen schnellen Überblick, so Kurth.
“Rechtzeitige Einsicht”
Als „rechtzeitige Einsicht“ bezeichnete der BDE-Präsident den Verzicht der Novelle auf ursprünglich geplante Erweiterung der Klagemöglichkeiten zur gewerblichen Sammlung zugunsten der kommunalen Seite zu verändern. Kurth: „Die Tendenz der kommunalen Seite, höchstrichterliche Rechtsprechung – sei es durch den Bundesfinanzhof oder das Bundesverwaltungsgericht – durch Gesetzesänderungen wegzuschieben, ist nicht akzeptabel.“
Der BDE setzt nun große Erwartungen an die Beratungen des Gesetzgebungsvorhabens im Deutschen Bundesrat und Deutschen Bundestag. „Für eine erfolgreiche Rohstoffwende brauchen wir einen mutigen legislativen Dreiklang von nachhaltiger Beschaffung, Recyclinglabel und Minimal Content“, machte Peter Kurth deutlich.
Eine vertane Chance?
Wie auch andere Umweltverbände, zum Beispiel NABU, hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den Gesetzentwurf als vertane Chance bezeichnet, „Abfallvermeidung und ein ambitioniertes Recycling wirklich voranzubringen“. Anders als von der Bundesumweltministerin im Juni 2019 angekündigt, stoppe das Gesetz die unnötige Vernichtung neuwertiger Waren nicht. Die Recyclingquote für Siedlungsabfälle von nur 65 Prozent bis 2035 sei viel zu niedrig angesetzt. Um den Einsatz von Recyclingmaterial voran zu bringen, sei zudem die Festlegung von Mindesteinsatzquoten notwendig. Diese fehlten jedoch im neuen Gesetz. Die DUH ruft die Bundesländer auf, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen und Verbesserungen einzufordern.
DUH: Wortbruch der Ministerin
Die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz wirft der Bundesumweltministerin Wortbruch vor. Im vergangenen Jahr habe die Politikerin versprochen, die sinnlose Zerstörung funktionsfähiger Waren aus Gründen des Klima-, Ressourcen- und Umweltschutzes umgehend zu beenden. Jetzt breche sie ihr Wort, indem sie keine verbindliche Obhutspflicht festlegt, sondern lediglich die Möglichkeit festschreibt, zukünftig eine Verordnung zu erlassen. Das löse jedoch das eigentliche Problem nicht. Die Bundesländer müssen nun im Bundesrat auf die Einhaltung der bislang leeren Versprechungen von Ministerin Schulze drängen
“Nicht progressiv”
Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz sei nicht progressiv und finde keine klaren Antworten auf größer werdende Abfallmengen, schnelllebigeren Konsum und einen zu geringen Einsatz von Sekundärrohstoffen, kritisierte der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.
Wirklich notwendig seien nach seinen Worten ein Abfallvermeidungsziel, ambitionierte Recyclingquoten und die Festlegung von Mindesteinsatzquoten für Recyclingmaterialien. Doch all dies finde sich im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht wieder“, bedauert Fischer Wie der DUH-Experte für Kreislaufwirtschaft weiter ausführt, werde das Prinzip der Abfallvermeidung in Deutschland bislang kaum umgesetzt. Ein Grund dafür seien fehlende Ziele zur Vermeidung unnötiger Abfälle.
UM/BSch/DU/rd
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