Einstweilige Entwarnung bei der DSD-Übernahme

Einstweilige Entwarnung bei der DSD-Übernahme

Einstweilige Entwarnung bei der DSD-Übernahme 150 150 Klaus Henning Glitza

Mega-Deal auf Eis: Verhandlungen wurden vorerst abgebrochen

 

Einstweilige Entwarnung beim befürchteten Mega-Deal: Die Verhandlungen zwischen den Mehrheitsgesellschaftern des Dualen Systems Deutschland und REMONDIS sind ergebnislos abgebrochen worden. Schon seit Tagen war der Verhandlungstisch leer geblieben, weil zwischen den Beteiligten in der Endrunde doch noch „unüberbrückbare Diskrepanzen“ aufgetreten sind, wie ein Insider bilanziert. Noch nicht einmal die Verkäufer waren sich einig.

H.I.G. Capital und Bluebay, die Haupteigentümer, haben von „Gelb mit Tendenz zu Grün auf Dunkelrot geschaltet“, so formuliert es ein Branchenkenner. Der Bogen sei vonseiten der Lünener einfach überspannt worden. Erst sei monatelang verbissen um den Preis gefeilscht worden, was den Verkäufern schon ganz und gar nicht schmeckte. Dann kam erschwerend noch der Versuch der REMONDIS-Unterhändler hinzu. „das Risiko möglicher Auflagen des Kartellamts an die verkaufsbereiten Anteilseigner des Unternehmens abzuwälzen“, wie SPIEGEL-Online mit Berufung auf Branchenkreise sowie Berichte von „Die Welt“ und FAZ meldet. „Das war eindeutig zu viel für die beinharten Engländer und Amerikaner“, gibt ein Insider die Situation wieder. „Die haben sich offensichtlich gesagt: ‘Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende‘“.

Zum Handschlag ist es nicht gekommen. Der geplante Megadeal REMONDIS-DSD ist einstweilen auf Eis gelegt. Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Es sei mehr als eine Pause zwischen zwei Sätzen, fügt der Marktkenner hinzu.  Denn eine Fortsetzung der Gespräche ist bislang nicht vorgesehen. Einmal mehr ist das Tor zum Unternehmenskauf geschlossen worden. Ob endgültig oder temporär sei dahingestellt. Bereits im vergangenen Jahr hatte es diese Situation gegeben. Die Verhandlungspartner zogen sich in ihre Schmollecken zurück, doch dann wurden die Verhandlungen in aller Stille und Heimlichkeit wieder aufgenommen.

Dass derzeit am Verhandlungstisch die große Leere herrscht,  deckt sich mit Informationen von EM. DAS ENTSORGUNGSMAGAZIN. Die Private-Equity-Fonds waren schon eine ganze Weile „not amused“ über das „ziemlich selbstherrliche Auftreten der REMONDIS-Vertreter“, so ein Beobachter des Geschehens. „Die Führungsetage des größten deutschen Entsorgungskonzerns hat sich offenbar gedacht, wir sind doch die einzigen ernsthaften Interessenten, die alle Voraussetzungen erfüllen. Und die Fonds müssen verkaufen. Da sitzen wir doch glatt am längeren Hebel.“

Welche Voraussetzungen sind das eigentlich, die es nach internen Vorgaben für den Mega-Deal gibt (oder gab)? Nach EM-Informationen ist Punkt 1, dass nicht wieder an einen Private-Equity-Fonds verkauft wird, dessen oberstes Ziel es bekanntermaßen ist, dass Unternehmen nach einer gewissen Haltezeit gewinnbringend abzustoßen. Und das manchmal mithilfe von Maßnahmen, die dem Unternehmen langfristig nicht gut tun. Punkt 2: Das übernehmende Unternehmen soll nicht kurz- oder mittelfristig an DSD interessiert sein, sondern auf lange Sicht. Mit anderen Worten: Es kommt nur ein Unternehmen und kein Fonds infrage Und 3.: Es soll ein solventes Unternehmen sein, dass den Kauf ohne übermäßige Fremdmittel, sprich risikoreiche Kredite, abwickeln kann. Das alles erfüllt REMONDIS zweifellos.

Aus DSD-Kreisen heißt es aktuell, es werde jetzt mit anderen Partnern verhandelt. Wer das sein könnte, ist nicht bekannt. Jedoch hatte bereits bei der ersten Verhandlungsrunde im vergangenen Jahr ein Großunternehmen, sekundiert von zwei Mittelständlern, Interesse gezeigt, war dann aber aus dem Bieterkreis ausgestiegen.

Bekannt ist nur, dass andere Private-Equity-Fonds (Investmentgesellschaften, die sich an Unternehmen beteiligen, die nicht an der Börse notiert sind) zumindest in der ersten Verhandlungsrunde Schlange standen, weil sie DSD, das größte deutsche Rücknahmesystem, als lohnendes Objekt ansahen. Ob das nach dem Ausstieg von LIDL, dem vorher größten DSD-Kunden, noch so gesehen wird, ist unklar. Mit anderen Worten: Es gibt wenig Alternativen zu einem großen Entsorgungsunternehmen, aber es muss nicht unbedingt REMONDIS heißen.

Wie auch immer und wer auch immer, es ist ein Kauf mit enormen Risiken. Das Hauptproblem liegt für jeden privatwirtschaftlichen Interessenten in den absehbaren kartellrechtlichen Konsequenzen eines Mega-Deals. „Eine solche Elefantenhochzeit wäre nie und nimmer durchgewunken worden- egal ob die EU-Wettbewerbsbehörde oder das Bundeskartellamt darüber entschieden hätte“, sagt ein mit Kartellverfahren vertrauter Jurist. Jeder Käufer hätte unweigerlich kräftig Federn lassen müssen, fügt er hinzu. Für das Dazugewonnene hätte er an anderer Stelle abgeben müssen- und nicht zu knapp. Dass REMONDIS ernsthaft glaubte, die Fonds wären bereit, diese Risiken auf sich abwälzen zu lassen, hält der Jurist für blauäugig. Das hätte noch nicht einmal bei einem „Notverkauf“ geklappt. „Die Lünerer haben offenbar immer noch nicht verstanden, mit wem sie es da zu tun haben. Da spielt kein Erstligist gegen die Kreisliga, sondern Bayern München gegen Manchester United.“.

Möglicherweise werden jetzt bei DSD die besagten Voraussetzungen angepasst. Denn Private-Equity-Fonds verharren nach wie vor in der Warteschleife. Nach EM-Informationen sind diese bereit, „einen angemessenen Preis zu bezahlen“. Aber auch REMONDIS hat zwar den Verhandlungstisch verlassen, ist aber keineswegs aus dem Rennen ausgeschieden. „Auch im vergangenen Jahr gab es diesen Fall. Die sind auf die Bremse getreten, haben aber den Motor laufen lassen“, bringt es ein Marktkenner auf den Punkt. „Wer glaubt, das ist das Ende der Verhandlungen, kennt die Rethmänner schlecht“.

Für eine komplette Entwarnung ist es folglich noch zu früh.

Update

Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, hat die einstweilige Entwarnung für die DSD-Übernahme kommentiert: “Sollten sich die Medienberichte bewahrheiten, können wir diese Entwicklung nur begrüßen. Der bvse hat schon früh auf die möglichen Marktverwerfungen hingewiesen, die diese Übernahme verursacht hätte. Insofern ist das eine gute Nachricht für die Branche, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger. Allerdings werden wir genau beobachten, wie sich die Verkaufsbemühungen weiter gestalten”.
Quelle: Pressemeldung des bvse

  • nid/khg

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