Wie das Siegel der Verschwiegenheit gewahrt wurde / Die Vorgeschichte der Übernahme des Grünen Punktes
Wenn etwas partout öffentlich gemacht werden, erklärt man es am besten als geheim. Es verbreitet sich dann wie ein Lauffeuer. Beim Verkauf des Grünen Punktes lief es andersherum. Eine „geheime Kommandosache“, sie blieb geheim- bis zum Finale.
Eines muss man den Topmanagern der Duales Systems Deutschland (DSD). H.I.G. Capital und den neuen Eigentümern um den spanischen Unternehmer Carlos Monreal lassen: Sie haben es verstanden, das Siegel der Verschwiegenheit zu wahren., Denn die Vorgeschichtete der jüngst gemeldete Übernahme der Grüne-Punkt-Unternehmen reicht bis in das Jahre 2021, vielleicht auch 2020, zurück, ohne dass etwas in die Öffentlichkeit drang. Abgesehen von sogenannten Marktgerüchten, die es immer gibt und an denen es der Branche nicht mangelt.
Das Statement der Ex-Käufer
Das war beim glücklosen Übernahmeversuch von REMONDIS anders. Da schossen schon frühzeitig Signale durch den Branchen-Äther. „Marktgerüchte“, so das damalige Dauer-Statement der potenziellen Käufer. Am Stammsitz in Lünen wusste man sehr wohl, dass Übernahmeverhandlungen sehr viel geschmeidiger verkaufen, wenn sich die veröffentlichte Meinung nicht an ihnen abarbeitet.
Den Machern des Grünen Punktes und der Circular Resources Sarl war das selbstredend bewusst. Sie vermieden deshalb O-Töne, wie „Wir haben DSD in der Tasche“. Und dies selbst in kleinen Kreisen, die dann am Ende doch nicht klein genug waren.
Mindestens ein halbes Jahr alt
Die „geheime Kommandosache“ glückte. Als der DSD-CEO Michael Wiener und Laurent Auguste, der Mann von der Circular Resources, die Pressekonferenz bestritten, machten sie eine Übernahme öffentlich, deren konkrete Umsetzungsphase bereits mindestens ein halbes Jahr zuvor gestartet worden war. Etliche Teilnehmer waren sichtlich verblüfft. Es sei keine Speisekarte auf den Tisch gekommen, sondern gleich das komplette Menü samt Dessert. So formuliert es jemand, der dabei war.
Die FAZ merkte zu Recht an, dass Deals dieser Art normalerweise bereits bei verbindlichen Absichtserklärungen oder Vertragsunterzeichnungen bekanntgegeben werden. Wiener und Auguste verkündete aber nicht das neudeutsch genannte „Signing“, sondern das „Closing“ *. Und selbst das war nicht brandneu, sondern bereits einen Tag alt.
Anfang des Jahres “handelseinig”

Betreutes Gesellschaften: Die Circular Resources wird von der Circumreference FS (Luxembourg) repräsentiert (Auszug aus dem Luxemburger Handelsregister). Repro; EM
Vermutlich Anfang 2022 dürften H.I.G. und das Grüne-Punkt-Management zum Signing geschritten zu sein. Ein Indiz: Am 4. Februar dieses Jahres wurde die Holdinggesellschaft Circular Resources S.à r.l. in Luxemburg-Stadt gegründet. Unternehmensgegenstand: Beteiligung an in- und ausländischen Gesellschaften. Von vornherein war es Zweck der Société à responsabilité limitée (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), die finalen Übernahmeprozeduren über die Bühne zu bringen. So etwas gründet man allgemein im zeitlichen Umfeld des Signings.
Am 9. Juni dieses Jahres wurde die S.à r.l. “scharf geschalter“. Das vorher bei unspektakulären 12.000 Euro liegende Stammkapital wurde um zwölf Millionen Euro aufgestockt. Endspurt beim Closing.
Die Brillant 3743 GmbH
Die Vorbereitungen begannen aber früher. Bereits am 13, Dezember 2021 wurde ein Unternehmen mit dem schönen Firmennamen Brillant 3743 GmbH in Berlin in das Handelsregister eingetragen, Es war eine so genannte Vorratsgesellschaft, das ist gewissermaßen ein Unternehmen to go. Wer eine solche Fertig-Gesellschaft erwirbt, spart sich die oft langwierige Gründungsphase samt Eintragungsprozeduren und kann nach wenigen Tagen loslegen. Es muss auch nicht den Umweg über die GmbH in Gründung (i.G.) gegangen werden, die ein haftungsrechtliches Risiko beinhaltet.

Handelsregisterauszug der Brillant 3743 GmbH, Repro: EM
Als Geschäftsanschrift wurde „c/o VRB Vorratsgesellschaften GmbH, Friedrichstraße 133, 10117 Berlin“ genannt, als Geschäftsführerin eine Dame, die in dieser Funktion höchst professionell schon mehr als 400-mal tätig war. Es steht zu vermuten. dass die Brillant-Gründung nicht auf den Eventualfall hin gegründet wurden, dass irgendwann irgendjemand diese Vorratsgesellschaft kaufen würde.
Das Kürzel “GP”
Am 5. April dieses Jahres wagte sich jedenfalls die Luxemburger Circular Resources S.à r.l. aus der Deckung und übernahm die brillante Gesellschaft zu 100 Prozent. Neue Firma: Circular Resources GP GmbH. Es ist unschwer zu erraten, was sich hinter dem Kürzel GP verbirgt.

Gründungsort Berlin, Gesellschafterliste aus Hamburg. Die Gesellschafterliste der ehemaligen Brillant 3743 GmbH. Repro: EM
Der Notar, der die neue Gesellschafterliste und die Namensänderung bekanntgab, hatte nicht etwa an der Spree seinen Sitz, sondern an Hamburgs Binnenalster. Der promovierte Jurist, ein VIP unter den hanseatischen Notaren, residiert an einer der feinsten Adressen der Freien und Hansestadt, dem Ballindamm.
Am 14. März dieses Jahres wurde die passende Holdinggesellschaft Brillant 3743 GmbH & Co. Verwaltungs KG durch die VRB Vorratsgesellschaften GmbH in das Handelsregister eingetragen. Persönlich haftender Gesellschafter: Brillant 3743 GmbH, Berlin. Kapital; „100,00 EUR“. Diese Kommanditgesellschaft wurde am 2. Juni dieses Jahres in Circular Resources Holding GmbH & Co. KG umfirmiert.
Beide ehemaligen Brillant-Gesellschaften residieren laut Handelsregister unter der Adresse der VRB Vorratsgesellschaften GmbH am der Friedrichstraße. Demnach liegt es nahe, dass sie über keine eigenen Büroräumlichkeiten verfügen.
Die “betreute” Gesellschaft
Das scheint auch bei der Circular Resources S.à r.l. der Fall zu sein. Die von dieser Gesellschaft angegebene Adresse Boulevard Royal 22 -24, gelegen im Herzen von Luxemburg-Stadt, ist auch die der Aktiengesellschaft Circumreference FS (Luxembourg) SA. Eine prestigeträchtige Anschrift, denn in dem Gebäude haben auch PayPal und eBay ihre Sitze.
Offenbar kein eigenes Management
Circular Resources hat offenbar kein eigenes Management. In der Handelsregistereintragung heißt es, dass die Circular Resources S.à r.l. von der Circumreference FS SA repräsentiert wird. Gesellschaftszweck der Circumreference ist es unter anderem, mit seiner Finanzexpertise die Tätigkeit eines Registervermittlers wahrzunehmen.

Die Gesellschafter der Circular Resources laut Luxemburger Handelsregister. Repro: EM
Als Mitglieder des Verwaltungsrates stehen Manager des betreuenden Unternehmens an der Spitze der Circular Resources. Es handelt sich um die gebürtige Niederländerin Zamyra Cammans (53), Gordon Fitzjohn (68) und Alan Turner (59). Zamyra Cammans ist CEO der Circumreference, die auf den paradiesisch schönen Cayman-Inseln lebenden Herren Fitzjohn und Turner gehören dem Topmanagement der Aktiengesellschaft an.
Nicht weit entfernt vomr Boulevard Royal 22 -24 residiert die H.I.G. LUXEMBOURG HOLDINGS THIRTEEN S.C.A. Ein Unternehmen, dem der DSD-Punkt-Unternehmensgruppe bis zur Übernahme formal gehörte.
Internationaler geht es kaum
Verhandlungen über ein in Deutschland ansässiges Firmenkonglomerat, dessen Mehrheitsanteile die Luxemburger Tochter des US-Finanzinvestors H.I.G. Capital hielt. Bei der Übernahme des Grünen Punkts ging es wahrhaft international zu.
Der hinter der Transaktion stehende Mann, Carlos Monreal, ist ein Spanier, dessen Hauptfirma Plastic Energy in London ihren Sitz hat. Sein operativer Arm, Laurent Jerome Auguste, ist ein Franzosen mit früheren Wohnsitzen in Korea, Japan und Chicago. H.I.G. Capital, beraten von Latham & Watkins LLP , hat sein Headquarter in New York City. Circular Resources hat sich dem Consulting einer der führenden europäischen Kanzleien, der Noerr Partnerschaftsgesellschaft mit Sitz in München, versichert.
Internationaler geht es kaum.
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Oberstes Bild: Ein nüchterner Zweckbau. Dort, am Boulevard Royale 22-24 in Luxemburg-Stadt hat der neue Eigentümer des Grünen Punktes seinen Sitz. Foto: realestate.lu
* Closing ist bekanntermaßen der Abschluss eines Übernahmeprozesses. Mit der reinen Unterzeichnung eines Unternehmenskaufvertrages, dem Signing, wird rechtsverbindliche Kaufwille zum Ausdruck gebracht, Damit sind aber weder Gesellschaftsanteile übertragen oder Vertragsbedingungen umgesetzt noch die rechtlichen Obliegenheiten einer auch M & A-Transaktion genannten Übernahme abgearbeitet. Dies erfolgt in einem Folgeprozess, dessen Ende das Closing steht. Im Schnitt liegen zwischen Signing und Closing sechs Monate.
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