Die Stadtwerke, ReFood und die Schlei

Die Stadtwerke, ReFood und die Schlei

Die Stadtwerke, ReFood und die Schlei 150 150 Klaus Henning Glitza

Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gehen tendenziell offenbar in Richtung „Alleinschuld“

 

Es liege an den nachgelagerten Biogas- und Kläranlagen, die Fremdstoffe herauszufiltern. Diese Aussage des baden-württembergischen Umweltministers Franz Untersteller (siehe unseren separaten Bericht) dürfte den Einwohnern von Schleswig und der Schlei-Region in den Ohren klingen. Denn ähnlich ist offenbar auch die Logik der Strafverfolger. Ein Zwischenbericht lässt erahnen, dass die Hauptschuld, wenn nicht Alleinschuld den Stadtwerken zugeschanzt wird. 

Laut Zwischenbericht gilt ReFood als Lieferant, dessen an die Schleswiger Biogasanlage geliefertes Gärsubstrat  zwar ein gewisses Maß an Fremdstoffanteilen aufwies, aber nicht für die Einleitung verantwortlich war.

Die Frage, sie die Schleswiger jetzt bewegt: Hätte eine der größten deutschen Umweltkatastrophen. die Plastikverseuchung des Ostseefjordes Schlei, durch die Methode Untersteller vermieden  oder zumindest minimiert werden können, werden können?

Im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren scheint dieser Aspekt aber allenfalls eine untergeordnete Rolle zu spielen. Nach EM-Informationen geht  aus dem bereits erwähnten  Zwischenbericht hervor, dass überwiegend die Stadtwerke Schleswig und somit dessen Geschäftsführer Wolfgang Schoofs für die Umweltstraftat strafrechtlich verantwortlich gemacht werden sollen. Die von Rechtsvertretern der Stadtwerke, darunter Kai Christian Waack, Ehemann der schleswig-holsteinischen Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack,  angeführten Entlastungsgründe, seien in diesem Vorbericht nicht oder nicht ausreichend gewürdigt worden, heißt es aus Juristenkreisen. Zu diesem Gründen zählt unter anderem, dass das Schleswiger Klärwerk behördlich regelmäßig überwacht wurde, ohne dass es zu Beanstandungen kam. Überdies seien die erkennbaren Differenzen zwischen den auf den Lieferscheinen angegebenen Plastikanteilen im Gärsubstrat und den Untersuchungsergebnissen eines unabhängigen Labors in Kiel weitestgehend überberücksichtigt geblieben.  Auch die Rolle des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR), das offensichtlich seinen Kontrollpflichten nicht lückenlos nachkam,   werde in ihrer tatsächlichen Tragweite ausgeklammert.

Oberstaatsanwältin Imke Dennius nahm auf EM-Anfrage zu diesen Punkten keine Stellung und sagte,, dass es derzeit keine verfahrensabschließende Entscheidung gebe.

Nach EM-Informationen scheint es momentaner Tenor  zu sein, dass -dem Verursacherprinzip folgend- der Einleiter im strafrechtlichen Sinne die  hauptsächliche, wenn nicht alleinige Hauptschuld trägt. Den Stadtwerken und ihrem Geschäftsführer wird nach derzeitigem Verfahrensstand mindestens Fahrlässigkeit unterstellt werden, sagen Insider .  Wer liefere, stehe nicht unmittelbar in der Verantwortung, was mit dem Gärsubstrat danach passiert- auch wenn zum Fremdstoffanteil falsche Angaben gemacht werden. Wenn überhaupt, sei mit einer Geldstrafe zu rechnen, „die nicht wirklich wehtut“.

Für die Schleswiger bedeutet das: Sie bleiben vermutlich auf den Millionenkosten für die Reinigung der Schlei und der Ufersäume sitzen. ReFood hat die Verhandlungen über eine Kostenbeteiligung an diesen Maßnahmen bereits abgebrochen. Denn eine strafrechtliche Entscheidung wird sich auch auf das zivilrechtliche Verfahren auswirken.

Wie „Schleswig lebt“ berichtet, sind bislang 1.8 Millionen Euro an Kosten angefallen. Die Stadtwerke haben sich-unterstützt von zahlreichen freiwilligen Helfern- als einzige Institution um die Schadensbegrenzung gekümmert. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat den „Fall Schlei“ in sein jüngst erschienenes „Schwarzbuch” aufgenommen.  Der BdSt-Kommentar: „Das Problem des kleinteiligen Plastikmülls ist wirklich nicht neu. Warum da niemand der Verantwortlichen richtig hingesehen hat, bleibt unerklärlich!“

„Offenbar sind die Verträge missverständlich formuliert“, schreibt dazu  „Schleswig lebt“. „So will der Lebensmittelentsorger auf verbleibende Restbestände an Verpackungsmüll hingewiesen haben, während die Stadtwerke jegliche Verschmutzung des angelieferten Materials ausgeschlossen sahen. Auch über den tatsächlichen Anteil der Reststoffe gibt es unterschiedliche Aussagen. Selbst wenn es gelingen sollte, den Lebensmittelentsorger und Haftpflichtversicherungen mit in Anspruch zu nehmen, wird ein hoher Eigenanteil an den Stadtwerken Schleswig hängen bleiben. Ob dieser dann von den Gebühren- oder den Steuerzahlern zu tragen ist, bleibt unerheblich, denn dabei handelt es sich im Zweifelsfall um die gleichen Bürger“, heißt es in dem bürgernahen Medium.

khg

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