VOEB warnt: Das Überleben der Kunststoffrecycler ist gefährdet
Auch der Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) warnt vor einem drohenden Aus für das Kunststoffrecycling. Der massive Preisverfall und die schwindende Nachfrage nach Recyclingkunststoffen gefährdeten das Überleben der Kunststoffrecycler und damit auch die Erreichung der Ziele des EU-Kreislaufwirtschaftspakets, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung.
„Günstige Neuware ist der Alptraum der Kunststoffrecycler. Der derzeit niedrige Rohölpreis, kombiniert mit der sinkenden Nachfrage nach Kunststoff aufgrund der Corona-Krise, lässt diesen Alptraum Wirklichkeit werden“, beschreibt Magistra Daisy Kroker, die Geschäftsführerin des VOEB, die derzeitige Situation. Die Kunststoffpreise seien dadurch um fast 50 Prozent eingebrochen. „Das Ergebnis: In Österreich stehen 70 Prozent der Betriebe, die Kunststoff recyceln, derzeit still, da es momentan kaum Absatzmärkte gibt“, so die Geschäftsführerin. Um das Aus abzuwenden, fordere der VOEB „daher einen verpflichtenden Einsatz von recyceltem Kunststoff in der industriellen Produktion“.
Das erscheint unumgänglich, um erklärte politische Ziele zu verwirklichen. Der VOEB bezieht sich dabei auf die Ankündigung von Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, den „Europäischen Plastikpakt“ unterzeichnen zu wollen. Darin haben sich bereits über 100 Länder und Organisationen darauf geeinigt, dass Unternehmen mindestens 30 Prozent Recyclingplastik verwenden sollen. Derzeit werden in Österreich aber laut VOEB nur rund zehn Prozent der Kunststoffproduktion durch Rezyklate gedeckt. „Wenn sich die Politik die Verdoppelung des Kunststoffrecyclings zum Ziel setzt, müssen dafür auch die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir brauchen einen Absatzmarkt für recycelten Kunststoff. Sonst wird es in Österreich bald kein Kunststoffrecycling mehr geben“, warnt Gaby Jüly, Präsidentin des VOEB.
Das Problem ist nach VOEB-Angaben nicht neu: Immer wieder sei es für die Industrie günstiger, Primärrohstoffe, statt Rezyklate zu verwenden. Die aktuellen Rekordtiefpreise für Neukunststoffe in Kombination mit der niedrigen Nachfrage nach Kunststoffprodukten aufgrund der Corona-Krise hätten das Problem nun drastisch verschärft. Schon seit Jahren setze sich die Abfall- und Ressourcenwirtschaft für die Schaffung eines robusten, integrierten Binnenmarktes für Sekundärrohstoffe ein.
Gaby Jüly: „Dafür brauchen wir eine verpflichtende Quote für den Einsatz von Rezyklaten in der industriellen Produktion. Das kann nur eine politische Entscheidung sein. Im aktuellen Regierungsprogramm geht die Politik auch schon mit Vorbildwirkung voran und will bei der öffentlichen Beschaffung nachhaltige Produkte aus Rezyklaten priorisieren, aber das wird nicht genügen.“ Weitere Maßnahmen reichten von Informations- und Beratungskampagnen für die Bevölkerung, um die Nachfrage nach recycelten Produkten zu steigern, bis hin zu innovativem Produktdesign – all diese strukturellen Änderungen können die Schaffung eines Sekundärrohstoff-Marktes positiv beeinflussen.
Das EU-Kreislaufwirtschaftspaket sieht vor, das Kunststoffrecycling in Österreich von derzeit 75.000 auf 150.000 Tonnen bis 2025 zu verdoppeln. „Unsere Betriebe sind auf dem technologisch neuesten Stand und könnten pro Jahr bis zu 300.000 Tonnen recycelten Kunststoff produzieren. Aber der Job muss sich lohnen. Wenn es dafür keinen Absatzmarkt gibt, ist die Produktion einfach nicht mehr rentabel. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als die Betriebe zu schließen“, erklärt Werner Kruschitz, Geschäftsführer von Kruschitz Recycling Plastics. „Unser Problem ist: Wenn wir die Abfälle nicht kostendeckend recyceln können, werden sie thermisch verwertet, also verbrannt. Dann wird Österreich aber auch nicht die EU-Quoten erfüllen. Wir fordern daher eine Zuzahlung für diese Abfälle, wie sie auch bei der thermischen Verwertung gemacht wird.“ Insgesamt sind in Österreich zehn Recyclingbetriebe mit 550 Mitarbeitern mit Kunststoffrecycling beschäftigt.
Um die aktuelle Notlage zu überbrücken, fordert die Branche von der Regierung Unterstützung, um nicht absetzbare Sekundärrohstoffe zwischenzulagern und somit Planungssicherheit zu garantieren. Die öffentliche Beschaffung muss mit gutem Vorbild vorangehen und ökologische Aspekte wirklich ernst nehmen. Schließlich braucht es eine verpflichtende Mindesteinsatzquote von recyceltem Kunststoff in der Industrie.
„Es darf nicht sein, dass alle bisherigen Erfolge und Bemühungen, Kunststoff zu recyceln, zunichte gemacht werden“, erklärt Präsidentin Jüly. Nur ein gemeinsamer Schulterschluss zwischen allen beteiligten Akteuren könne verhindern, dass Kunststoffrecycling zum Stillstand kommt. „Sonst droht ein schwerer Rückschritt für den Klima- und Umweltschutz und ein schwerer Schlag für die Kreislaufwirtschaft.“
Der Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB), die freiwillige Interessensvertretung der kommerziell geführten Entsorgungsunternehmen in Österreich, vertritt derzeit über 250 Mitgliedsunternehmen.
DK/rd
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