Brancheninfo aktuell 03-07/2020

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Brancheninfo aktuell 03-07/2020 150 150 Klaus Henning Glitza

VKU und BDE nehmen aktuell Stellung zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

 

 

Der VKU und der BDE haben zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen. Während sich der BDE erneut für eine Nachschärfung einsetzt, warnt der VKU davor, dass der vorliegende Gesetzentwurf die kommunalen Entsorgungsstrukturen schwächen und das Ziel der Verringerung der Vermüllung der Umwelt verfehlen könnten.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der am heutigen Mittwoch an einer Expertenanhörung im Bundestag zur Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie im Kreislaufwirtschaftsgesetz teilgenommen hat, begrüßt zahlreiche Inhalte der geplanten Novellierung, insbesondere die ambitionierten Regelungen zur Stärkung von Abfallvermeidung und Wiederverwendung, warnt aber auch vor den oben genannten Effekten.

Positiv wird aufgenommen, dass das Kreislaufwirtschaftsgesetz erstmals Produkte in den Blick nimmt, die besonders häufig unachtsam weggeworfen werden, und eine Rechtsgrundlage für die künftige Beteiligung der Hersteller an den Reinigungskosten schafft. Der VKU spricht sich dafür aus, dass hier alle litteringintensiven Produkte in die Herstellerverantwortung einbezogen werden können und nicht nur ganz bestimmte Einwegkunststoff-Produkte. Jetzt besteht die Chance, auch andere Produkte, die mit einem hohen Reinigungsaufwand verbunden sind, wie etwa Kaugummis oder Pizzakartons, mit einer Herstellerverantwortung zu belegen. Der Gesetzgeber sollte sich diese Handlungsoption nicht verbauen.

Kritisch bewertet der VKU dagegen die erweiterte Zulassung von freiwilligen Rücknahmen von Produktabfällen durch Hersteller und Vertreiber: Hersteller sollen in Zukunft Abfälle aus eigenen Produkten sowie auch aus Fremdprodukten annehmen können. Es ist absehbar, dass Hersteller und Vertreiber nur solche Produktabfälle zurücknehmen werden, mit denen sich Geld verdienen lässt, wie etwa Textil- oder Metallabfälle. Für die Kommunen bleiben dann im schlimmsten Fall nur noch Rest- und Sonderabfälle übrig. Die Frage liege laut VKU auf der Hand: „Wie soll in Deutschland ein gut ausgebautes Netz von Wertstoffhöfen funktionsfähig bleiben, wenn sich jede Supermarktfiliale zum Wertstoffentsorger erklären kann?“.  Nach Überzeugung des VKU sollten freiwillige Rücknahmen von herstellerfremden Produktabfällen nur dann zugelassen werden, wenn damit ein nachgewiesener Vorteil für die Kreislaufwirtschaft verbunden ist.

Nachbesserungsbedarf sieht der VKU auch in der Frage der Klagebefugnis öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegenüber gewerblichen Sammlern von Haushaltsabfällen. Laut Gesetzentwurf soll den Kommunen eine Klage nicht möglich sein, selbst wenn die gewerbliche Sammlung der kommunalen Sammlung Wertstoffe entzieht und so die kommunale Entsorgung beeinträchtigt. Umgekehrt sei es gewerblichen Sammlern jedoch zweifellos möglich zu klagen, wenn sie von der Behörde in ihrer Sammeltätigkeit beschränkt werden. Diese Asymmetrie sei nicht gerecht und schade. der Hausmüllentsorgung insgesamt. Da sich gewerbliche Sammler gegen behördliche Verfügungen gerichtlich wehren können, muss auch der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger klagen können, wenn die Behörde eine angezeigte gewerbliche Sammlung einfach durchwinkt.

Von dieser Novelle müsse ein klares Signal für die Rohstoffwende ausgehen, so das Statement des Bundesverbandes der Deutschen. Entsorgungs-,
Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE). Gerade vor dem Hintergrund der heute beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft und des Green Deals der EU-Kommission dürfe diese Novelle nicht hasenfüßig daherkommen. „Wir brauchen deutlich mehr Engagement für einen weiteren großen Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft“, sagte BDE-Präsident Peter  Kurth am heutigen Mittwoch bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages.

Dabei bezeichnete er Regelungen zu einer nachhaltigen ökologischen Beschaffung, einem Recyclinglabel für Beschaffer und einem Mindestrezyklatanteil in Produkten („Minimal Recycled Content“) als geeignete Instrumente des Gesetzgebers für eine erfolgreiche Rohstoffwende.

„Produkte mit einem bestimmten Rezyklatanteil erhalten das Recyclinglabel und werden dann auch unkompliziert von der öffentlichen Hand beschafft. Es wäre gut, wenn der Deutsche Bundestag mit dieser Prämisse die Novelle nachschärfen würde. Es gilt nun, einen aktiven Beitrag zu Nachhaltigkeit und mehr Klimaschutz zu leisten“, so der BDE-Präsident.

Kurth kritisierte, dass die Bundesregierung beim wichtigen Thema Klimaschutz die Kreislaufwirtschaft „bisher kaum auf dem Schirm“ habe. Kurth: „Es kann nicht sein, dass sich die deutsche Ratspräsidentschaft Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt, aber dann bei einem der größten Nachhaltigkeitsthemen dieser Legislaturperiode – eben der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes – unambitioniert vorgeht.“

Kurth weiter: „Der Deutsche Bundestag hat nun die Chance, die großen Überschriften der deutschen Ratspräsidentschaft zur Nachhaltigkeit mit Inhalten zu füllen. Es darf bei den Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft nicht dabei bleiben, die Backen aufzublasen, jedoch nichts an den Gesetzen zu ändern. Bisher bleibt es beim Thema Rohstoffwende leider nur bei Ankündigungen.“

Zwar begrüße der BDE, dass die Regelung zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (§ 45 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes), also zum Beispiel die Beschaffung von Produkten mit hohem Rezyklatanteil, mit dem Gesetzentwurf geschärft wird. Der BDE-Präsident bekräftigte aber die Forderung nach einer „Umkehr der Beweislast“: Derjenige, der nicht nachhaltig beschaffen will, muss sich erklären.

Als „großen Fehler“ bezeichnete es Kurth, auf die Verankerung der vom Bundesumweltministerium initiierten Rezyklat-Initiative im Kreislaufwirtschaftsgesetz zu verzichten. So fehle die noch im Referentenentwurf enthaltene Verordnungsermächtigung, nach der bestimmte Erzeugnisse nur in bestimmter, das Recycling fördernder Weise, insbesondere unter dem Einsatz von Recyclingrohstoffen, insbesondere Rezyklaten aus dem Post-Consumer-Bereich, in Verkehr gebracht werden dürfen. Kurth: „Die Bundesregierung lässt hier eine wichtige Chance ungenutzt. Das Instrument ‘Minimal Content’, also ein verpflichtender Rezyklatanteil in bestimmten Produkten, ist essenziell zur Förderung der Rohstoffwende. Freiwillige Verpflichtungen der produzierenden Industrie sind keine Basis, um darauf millionenschwere Investitionen in neue Recyclinganlagen zu gründen.“

Kritisch bewertete Kurth in der öffentlichen Anhörung das Werben kommunaler Interessenvertreter, Klagemöglichkeiten zur gewerblichen Sammlung zugunsten der kommunalen Seite zu verändern.
Kurth: „Die Tendenz der kommunalen Seite, höchstrichterliche Rechtsprechung – sei es durch den Bundesfinanzhof oder das Bundesverwaltungsgericht – durch Gesetzesänderungen wegzuschieben, ist nicht akzeptabel. Durch die Beteiligung des Konkurrenten ‘öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger’ am Anzeigeverfahren des Trägers der gewerblichen Sammlung ist dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger schon ausreichend Raum zur Einflussnahme zugestanden worden. Einer weitergehenden Einflussmöglichkeit bedarf es insoweit nicht. Eine gewerbliche Sammlung wird nur angezeigt. Sie bedarf gerade keiner Zulassung beziehungsweise Genehmigung.“

EMA/Besch/rd

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