Brancheninfo 34-06/2020

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Brancheninfo 34-06/2020 150 150 Klaus Henning Glitza

Ermittlungsverfahren in der Umweltstrafsache Schlei- ein Ende ist noch nicht in Sicht

 

Das Anfang 2018 aufgenommene Ermittlungsverfahren in der Umweltstrafrache Schlei dauert an und wird auch in den nächsten Monaten nicht zum Abschluss kommen. Dies teilte Oberstaatsanwältin Dr. Stephanie Gropp, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Flensburg, auf EM-Anfrage mit.

Gegenwärtig konzentrierten sich die Ermittlungen auf die Frage, wer die Verantwortung für die großflächige Kontamination des-Meeresarmes Schlei trägt, so Dr. Gropp. Eine offenbar nach wie vor schwierige rechtliche Konstellation, die nicht einfach zu durchdringen ist.

Im Fokus der Ermittlungen steht nach Aussagen der Sprecherin des Weiteren die Frage, welche Mitarbeiter der Stadtwerke und des Recyclers ReFood GmbH & Co. KG von der Gewässerverunreinigung Kenntnis hatten. Nach EM-Informationen wird das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Stadtwerke Schleswig und drei Manager des Recyclingunternehmens geführt. Zu ersten Funden kam es 2016, möglicherweise noch früher.  Oberstaatsanwältin Dr. Gropp traf hierzu keine Aussage. Sie gab an, dass sich EM nach dem Verfahrensstand, aber nicht nach Einzelfragen erkundigt hatte.

Ein dritter Aspekt bezieht sich nach Angaben der Behördensprecherin auf die Kläranlage als solche. Es wird der Frage nachgegangen, ob die Anlage zum relevanten Zeitpunkt in ausreichendem Maße dem Stand der Technik entsprach. Nach EM-Information wird das namentlich in Schriftsätzen von ReFood vehement in Frage gestellt. Das seit Jahrzehnten betriebene Klärwerk sei zum relevanten Zeitpunkt veraltet gewesen.

Bekanntermaßen waren die Plastikpartikel, die sich im so genannten Gärsubstrat befanden, über die Kläranlage der Stadtwerke Schleswig in den Ostsee-Meeresarm gelangt. Die zum Teil nur wenige Millimeter großen Plastikpartikel konnten durch mehrere Filterstufen der Schleswiger Kläranlage nicht zurückgehalten werden. Das von dem Recyclingunternehmen ReFood bereitgestellte Gärsubstrat war in der von seiner separaten Gesellschaft betriebenen Anlage zur Biogaserzeugung eingesetzt worden. Im Gärsubstrat befanden sich Plastikrückstände, die daher rührten, dass der ebenso wie REMONDIS-   zur RETHMANN-Gruppe gehörende Verwerter von abgelaufenen Lebensmitteln die Packungen mitsamt der Kunststoffverpackung verarbeitet, sprich schreddert. Durch die im Nachgang realisierte maschinelle Entfernung der Plastikanteile können aber aus fachlicher Sicht nicht sämtliche Rückstände entfernt werden.

Die Frage der Verantwortung, die letztlich auch eine Frage der Haftung für die finanziellen Folgen ist, ist nach EM-Informationen auch daran gebunden, wer was wusste. Während sich die Stadtwerke darauf berufen, dass ihnen ein Substrat in gewohnter Qualität zugesichert wurde, führt ReFood an, die Plastikrückstände seien dem kommunalen Versorgungsunternehmen bekannt gewesen. Der frühere Lieferant der angefaulten Lebensmittelreste und ReFood-Vorgänger mit Sitz in Ahrenshöft hatte nach EM-Information die Plastikanteile im Vorwege entfernen lassen, während ReFood das aus wirtschaftlichen Gründen nicht praktiziert. Ein rückstandloses Gärsubstrat werde bekanntermaßen unternehmensweit gar nicht angeboten, ist aus ReFood-Kreisen zu erfahren.

Zuständige polizeiliche Ermittlungsbehörde ist aufgrund der Tragweite der Umweltverschmutzung das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein. Insider rechnen damit, dass es vor dem vierten Quartal dieses Jahres nicht zu einem Abschluss des Verfahrens kommt. Für den zuständigen Staatsanwalt ist der Fall einer von vielen.

Die Staatsanwaltschaft Flensburg ist die nördlichste Strafverfolgungsbehörde dieser Art in Deutschland. Nach Eigengaben sind bei der so genannten „kleinen” Staatsanwaltschaft insgesamt 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon 30 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Amtsanwältinnen und Amtsanwälte. Jährlich werden knapp 30.000 Ermittlungsverfahren bearbeitet, ist dem Internetauftritt dieser Behörde zu entnehmen,

khg

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