Appell: Getrennte Entsorgung von Produkten mit gefährlichen Li-Ion Batterien

Appell: Getrennte Entsorgung von Produkten mit gefährlichen Li-Ion Batterien

Appell: Getrennte Entsorgung von Produkten mit gefährlichen Li-Ion Batterien 150 150 Klaus Henning Glitza

Alarmierende Studie: Nur jeder zweite Österreicher entsorgt die Lithium-Ionen-Akkus korrekt

 

Eine dramatische Lage, die sich immer mehr zuspitzt; Lithium-Ionen- (Li-Ion) Batterien führen immer wieder zu Bränden in Entsorgungseinrichtungen und Privathaushalten. Vertreter der österreichischen  und deutschen  Abfall- und Ressourcenwirtschaft haben deshalb die Bevölkerung dazu aufgerufen,  Produkte mit Lithiumbatterien ausschließlich in den dafür vorgesehenen Sammelboxen im Handel oder bei Altstoffsammelzentren getrennt zu entsorgen.

Standen Rede und Antwort bei der Pressekonferenz in Wien: (von links): Univ. Prof. Dr. mont. Roland Pomberger (Montanuniversität Leoben), KR Hans Roth (VOEB), Peter Kurth (BDE), Oberbrandrat Ing. Roman Sykora (Österreichischer Bundesfeuerwehrverband)- Foto: VOEB/ APA-Fotoservice- Hörmandinger

Während einer gemeinsamen Pressekonferenz in Wien, an der neben den Spitzen der österreichischen und deutschen  Branchenverbände VOEB und BDE auch hochrangige  Repräsentanten der Montanuniversität Leoben und des Österreichischen Bundesfeuerwehrverband  teilnahmen, wurde eindrucksvoll die Lage vor Augen geführt,  Laut Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) sind falsch entsorgte, leicht entzündbare Lithiumbatterien die Ursache für eine massive Zunahme von gefährlichen Bränden bei Entsorgungsbetrieben. Die Montanuniversität Leoben warnt vor einer Verdoppelung von derzeit 1,4 auf 2,8 Millionen Lithiumbatterien im Restmüll, die Feuerwehr geht von einer weiteren Zunahme von gefährlichen Bränden aus. Derweil belegt eine Studie belegt, dass nur jeder zweite Österreicher alte Batterien korrekt entsorgt. Auch in Deutschland ist die Situation sehr ähnlich.

Lithiumbatterien sind ein allgegenwärtiges Problem. Die  Energiespender befinden sich in blinkenden Kinderschuhen, Tablets, Stabmixern, singenden Grußkarten oder Gartengeräten. Wenn sie im Restmüll landen, können sie sich nach VOEB-Angaben bereits bei kleinster Reibung entzünden und gefährliche Brände verursachen: in Mülltonnen, Lkws und Recyclinganlagen – aber auch in den eigenen vier Wänden. Dass Lithiumbatterien hochexplosiv und daher brandgefährlich sind, wisse aber nur jeder dritte Österreicher.

Der Unterschied zu herkömmlichen Alkaline-Batterien sei überhaupt nur 16 Prozent der Bevölkerung klar, wie eine aktuelle Studie im Auftrag des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) zeige.  So entsorgten auch nur 55 Prozent der befragten Österreicher alte Batterien und Akkus in den dafür vorgesehenen Sammelboxen. Das entsprechet zwar der gesetzlichen Sammelquote von 45 Prozent, sei aber aufgrund der massiven Zunahme von im Umlauf befindlichen Lithiumbatterien für die Entsorgungsbetriebe eine Katastrophe, denn die Zahl der Brände steigt unaufhaltsam.

Hans Roth, Präsident des VOEB: „Lithiumbatterien sind die größte Herausforderung der Branche in den letzten 40 Jahren. Wir wissen von Entsorgungsbetrieben, in denen sie für 95 Prozent der Störfälle verantwortlich sind. Wir haben verletzte Mitarbeiter zu beklagen, der Sachschaden ist enorm. Das kann so nicht weitergehen. Wenn die Batterie-Sammelquote nicht zumindest auf 75 Prozent erhöht wird, wird kein Weg an einem Pfand vorbeiführen.“

Nur einige der Produkte, in denen sich Lithium-Ionen-Akkus befinden. Foto: 2019 pixabay_Pexels GmbH_unsplash

Die Zahlen der VOEB-Studie belegten eindeutig, „dass die Bevölkerung nur unzureichend über die Gefahren von Lithiumbatterien informiert ist“, teilt der VOEB mit.  Besonders auffällig sei das bei unter 30-Jährigen: Nur 29 Prozent wüssten, dass der Handel verpflichtet ist, alte Batterien zurückzunehmen, gerade 32 Prozent sei die fachgerechte Entsorgung ein Anliegen und nur etwas mehr als jeder Dritte entsorge alte Batterien fachgerecht – bei den über 60-Jährigen seien es 71 Prozent!

Hans Roth: „Diese Zahlen sind sehr beunruhigend. Wir müssen daher vor allem junge Menschen aufklären, wo überall Lithiumbatterien versteckt sind, wie man sie korrekt entsorgt und so gefährliche Brände verhindert.“ Der VOEB-Präsident  betont, dass dem Verband auch die Herstellerverantwortung ein Anliegen sei, und dass alle Beteiligten der Wertschöpfungskette genau wüssten, welche Inhaltsstoffe in den Batterien enthalten sind.

„Wir können den Zusammenhang zwischen der steigenden Anzahl von Lithiumbatterien im Restmüll und den Bränden bei Entsorgungsbetrieben eindeutig belegen“, betonte Prof. Roland Pomberger von der Montanuniversität Leoben, der sich seit Jahren  mit den leistungsstarken, hochexplosiven Lithiumbatterien beschäftigt. Für die Abfall- und Ressourcenwirtschaft sei diese Entwicklung existenzbedrohend. Doch für dieses Problem wolle keiner die Verantwortung übernehmen

Die Hersteller erfüllten bereits die geforderte Sammelquote und fühlen sich daher nicht zuständig, so der Universitätsprofessor weiter.  Die Konsumenten hätten  kein Bewusstsein dafür und wüssten oft nicht einmal, worin sich überall Lithiumbatterien befinden. Auch für die Politik habe das Thema (noch) keine Priorität.

Pomberger: „Die Faustregel lautet: In einer Tonne Restmüll befindet sich durchschnittlich eine Lithiumbatterie. Jede Lithiumbatterie ist eine potenzielle Zündquelle. Durch Abfallbehandlung und Recycling steigt die Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung und damit die Wahrscheinlichkeit eines Brandfalles.“

Auch der Österreichische Bundesfeuerwehrverband kennt das Problem. Einsatzkräfte müssen seit Jahren vermehrt ausrücken, um Brände in Entsorgungsbetrieben zu löschen. Die Gefahr lauert aber auch in privaten Haushalten. „Lithium-Ionen-Akkus im Rest-müll sind brandgefährlich“, machte Oberbrandrat Roman Sykora deutlich.  Oft dauert es eine gewisse Zeit, bis aufgrund unterschiedlichster Um-stände eine Rauchentwicklung entsteht. Ein daraus resultierender Brand in Kombination mit einer starken Verrauchung kann in den eigenen vier Wänden innerhalb kürzester Zeit fatale Folgen haben.“ , sagte er.

In mehr Artikeln verbaut als viele Nutzer ahnen: Lithium-Ionen-Batterien sind allgegenwärtig. Foto: M. Seyfert

Gerade für die Einsatzkräfte ergäben sich durch die rasanten Entwicklungen und ständig neue Innovationen, von denen auch Gefahren ausgehen können, ein bestimmter Handlungsbedarf. „Neue Feuerwehr-Gerätschaften bzw. Ausrüstungsgegenstände zur Prävention, Abwehr und Bekämpfung von Gefahren müssen entwickelt und angeschafft werden. Vor allem aber ist der Bereich der Ausbildung gefordert, schließlich müssen die österreichischen Feuerwehrmitglieder stets am aktuellen Stand der Technik sein, um professionell helfen zu können. Diese Punkte sind unweigerlich mit hohen Kosten verbunden, die erst einmal aufgestellt werden müssen.“

Auch in Deutschland kommt es ständig zu Bränden in Entsorgungsbetrieben. Die Lage sei dramatisch, hob der Präsident des Bundesverbands der deutschen Entsorgungs-, Wasser und Rohstoffwirtschaft (BDE) . Peter Kurth, hervor. „Wir können und wollen nicht zusehen, bis wir bei diesen Brandfällen Tote und Schwerverletzte beklagen müssen“, rief er aus. Die Unternehmen der deutschen Recycling- und Entsorgungswirtschaft dürften mit dieser ernsten Herausforderung nicht alleine gelassen werden. Alle Verantwortlichen müssten ihren Beitrag leisten, um diese Gefahr einzudämmen.“

Laut Kurth belegten aktuelle Zahlen, dass es aufgrund von sich entzündenden Lithiumbatterien bereits täglich zu Bränden in Tonnen, Fahrzeugen, Betriebshöfen oder Sortieranlagen komme, Versicherungen weigerten sich, für den Schaden aufzukommen. Der Bundesverband der deutschen Entsorgungs-, Wasser und Rohstoffwirtschaft (BDE) fordere daher schon seit längerem ein Pfand auf Batterien. Ergänzend dazu sollen Elektro- und Elektronikgeräte von den Herstellern so konzipiert werden, dass Batterien durch den Endnutzer ausbaubar sind (was oft nicht der Fall ist). Neben einer verpflichtenden, einheitlichen Kennzeichnung von Geräten mit Lithiumbatterien sollten aber auch die Verbraucher besser informiert werden sowie finanzielle Anreize für die Sammlung festgelegt werden.

DK/rd

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